17. März 2023, Allgemeines

Mundart, Dialekt & Eigenart: Sprachen verstehen mit uugot.it

Wenn selbst gebürtige Österreicher:innen Ausdrücke wie „Mei, isch des bärig!“ nicht verstehen, wie ergeht es dann wohl den vielen „Zuag’roasten“, die sich erst seit kurzem in der österreichischen Kultur und Sprache zurechtzufinden müssen? Hierfür gibt es die App uugot.it – damit Deutschlernen keine reine Vokabelübung in Hochsprache bleibt, sondern mit tagesaktuellen Inhalten zu einer ganzheitlichen integrativen Erfahrung beiträgt.

Fernsehen mit Mehrwert

2016 gründete Philipp Etzlinger das Social Impact Business als Antwort auf die damals akute Flüchtlingssituation in Österreich, um Integration und Sprachverständnis zu fördern. Auf uugot.it TV wird dafür das Programm des ORF mit interaktiven Untertiteln ausgestattet. Menschen, die erst seit kurzem im Land sind, erweitern damit ihren Wortschatz und erfahren zeitgleich mehr über Kultur, Land, Leute und Ansichten. Gelernt wird nach einem „intralingualen Prinzip“: deutsche Untertitel werden zu deutscher Audiosprache eingeblendet. Das sei ideal, um auf diese Weise eine Sprache zu lernen.

Das gängige Argument, Fernsehen wäre doch kein besonders wertvolles Bildungsmedium, ist für den studierten Finanzwissenschaftler definitiv zu kurzsichtig gedacht. „Ich habe selbst, als ich ein Auslandssemester in Paris gemacht habe, durch französisches Fernsehen die Sprache gelernt. Damals mit Stift und Notizblock, damit ich die Vokabeln später nachschlagen konnte. Über die Jahre habe ich immer wieder gehört, dass es vielen ähnlich geht und damit war mir klar, dass man hier eine echte Chance auf Bildungsperspektiven hätte“, so Philipp.

Men watching film with uugot.it app on smartphone
Foto: uugot.it

Jede Woche 20 Wörter

Falls jetzt die Beamt:innen bei Soko Donau zu sehr im Dialekt sprechen oder die Nachrichten der ZIB 2 zu rasant vorbeirauschen, kann auf uugot.it TV die Geschwindigkeit der Beiträge gedrosselt werden. Wenn User:innen ein Wort nicht verstehen, können sie außerdem darauf klicken und es wird sofort übersetzt. Die 20 zuletzt geklickten Wörter landen dann in einem eigenen Lernbereich – für ein intensiveres Vokabeltraining. Durch den filmischen Kontext und die Wiederholung entsteht somit eine Verstärkung der Sprachkompetenz. Zwischen 80 und 100 Fernseh-Beiträge kommen auf diese Art täglich hinzu.

Für weniger Sprachbarrieren in Ballungszentren

Mittlerweile profitieren auch Schulen von den interaktiven Untertiteln: Auf uugot.it sCOOLing haben Lehrkräfte Zugriff auf Sendungen und Videos, die sich besonders für die Sekundarstufe 1 oder 2 eigenen. Begleitet werden Fächer wie Chemie, Biologie, oder politische Bildung. Lehrende können auf der Unterrichtsplattform mit bestehenden Aufgaben arbeiten oder eigene erstellen. Die Übungen können dann je nach Bedarf auch sofort und damit zeitgleich zum Video von den Schüler:innen gelöst werden.

Gleich bleibt die Technik, die auch in uugot.it TV steckt, die es in dieser Version den Lernenden mit schlechteren Deutschkenntnissen ermöglicht, dem Unterricht leichter zu folgen. Das sei speziell in Ballungszentren wichtig, sagt Philipp: „Diejenigen, die keine Untertitel brauchen, schalten sie einfach aus und die, die sie brauchen, können sie nutzen. Schüler:innen mit anderer Erstsprache können so individuell Sprachbarrieren durch die click2translate Untertiteln beseitigen, ohne dass sie sich exponieren müssen. Lehrende haben uns berichtet, dass dabei das Selbstbewusstsein der betroffenen Schüler:innen enorm steigt und sich das wiederum positiv auf die Klassendynamik wirkt.“ Über 9.000 Beiträge und Sendungen tummeln sich bereits auf uugot.it sCOOLing, die Lehrende für 15 Euro pro Schüler:in und Schuljahr über die Schulbuchaktion buchen können.

Student solves question
Video: uugot.it

Komplexe Aufbereitung trifft auf echtes Leben

Apropos Technik: Hinter diesem ausgeklügelten Prinzip steckt ein ebenso komplexer Prozess. Denn bei der Implementierung einer Erstsprache auf uugot.it wird sie durch Sprachwissenschaftler:innen zuerst mitsamt ihrer grammatikalischen Regeln – dabei werden beispielsweise Wortarten wie Verben, Adjektive oder Präpositionen bestimmt – und ihres Basis-Wortschatzes in das System eingespielt. Darauf wiederum basieren ein automatisiertes Übersetzungsprogramm und ein Algorithmus, die die Handhabung für User:innen noch leichter machen. 16 Sprachen, darunter Ukrainisch, Syrisch und Arabisch, sind derzeit auf uugot.it als Übersetzungssprachen eingebettet. In der täglichen Nutzung bedeutet das, dass sie Übersetzungen  der realen Lebenswelt in Österreich folgen können. Und das fördert dabei auch die Integration.

Nachgefragt bei Philipp:

uugot.it hat bereits einige Auszeichnungen erhalten, über welche hast du dich besonders gefreut?

Ich muss sagen, ich habe mich sehr über den 3. Platz beim Preis der Sozialmarie, der „Social Innovations“ auszeichnet, gefreut. Das ist eine länderübergreifende Auszeichnung, die von der „Unruhestiftung“ ins Leben gerufen wurde. Und so gesehen ist es für mich eine tolle Sache, wenn uugot.it aus den vielen tollen Initiativen, die die Welt ein Stückchen schöner machen wollen, ganz vorne mit dabei ist. Das ist eine schöne Auszeichnung für unser Team. Wir haben zurzeit auch eine Kooperation mit dem Land Oberösterreich für Integrationsprojekte, über die ich mich auch sehr freue. Da geht es zum Beispiel um ein Projekt für Tschetschen:innen die hier leben, um sie noch besser in die Gesellschaft einzubinden.

Was sagst du Menschen, die das Lernen durch Filme anzweifeln?

Bei uugot.it geht es zwar weniger um Filme, als um aktuelle Sendungen und Formate, die in der ein oder anderen Version Kulturverständnis und das Leben der Menschen darstellen. Damit weisen sie auch einen hohen Integrationsaspekt auf. Denn wenn Menschen beispielsweise noch nicht lange in Linz wohnen und auf der Landstraße einem Mühlviertler begegnen, dann werden sie zu Beginn ihres Deutsch-Lernens nicht viel verstehen da Deutschkurse auf die Hochsprache bzw. auf Standard-Deutsch ausgelegt sind. Genau dafür ist uugot.it gedacht, wo sie lokale Sender wie LT1, oder in Wien, W24 nutzen können.

Das Lernen durch Fernsehen oder Filme ist mittlerweile mehrfach wissenschaftlich belegt, man braucht nur nach Skandinavien schauen: Internationale Filmproduktionen werden dort nicht synchronisiert. Das Resultat spricht für sich: Skandinavier sprechen im Regelfall besser Englisch als wir, die in Österreich oder Deutschland leben. Mit uugot.it wird das Lernerlebnis und Lernoutput aber noch verbessert.

Eve hat sich nach der Kommunikationsarbeit in der Salzburger Innovationsszene als Texterin in Wien selbstständig gemacht. Der Funke ist über die Distanz aber nicht erloschen: Nach wie vor schreibt sie am liebsten über innovative Unternehmer:innen und ihre spannenden Ideen. Dafür geht ihr im EdTech Bereich sicherlich nicht so schnell der Stoff aus.

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