25. September 2023, Allgemeines, Informatik

Frühkindliche Bildung Teil 1: Im Forscher:innenkittel dem Wasserläufer hinterher

Wir alle können uns noch an bestimmte Situationen aus dem Kindergarten erinnern, stimmt‘s? An einen Geruch vielleicht, oder auch an etwas, das wir zum ersten Mal für uns entdeckt haben. Genau zu dieser Zeit versuchen wir die Welt um uns intensiv zu verstehen und ganz besonders, was wir dabei sehen und fühlen. Frühkindliche Bildung – die erste Lernförderung bis zur Volksschule – kann hier positive Lernerfahrungen ermöglichen, die bestenfalls das weitere Leben prägen. „Dafür gibt es uns“, sagt der Geschäftsführer der Spürnasenecke Josef Eder: „Man kann gar nicht früh genug beginnen, im Kind das Feuer zu entzünden! Wir machen den Erstkontakt mit MINT freudvoll, damit Kinder in der Schule wissen, wie cool diese Fächer sind.“

Um ein kindgerechtes Experimentieren und Forschen zu ermöglichen, werden Kindergärten mit Möbel und Forscherutensilien, wie Reagenzgläser, Lupen oder Mikroskope aus dem MINT-Bereich ausgestattet. Dabei steht „MINT“ für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Die Elementarpädagog:innen erhalten durch das Team der Spürnasenecke dann eine umfangreiche persönliche Einschulung und regelmäßige Netzwerktreffen. Finanziert wird die Spürnasenecke entweder durch die Einrichtungen selbst, Gemeinden oder Unternehmen, die dadurch Nachwuchsförderung ermöglichen. Über 100 Spürnasenecken gibt es mittlerweile allein im Bundesland Salzburg.

Theorien aufstellen und Fehler machen

Im weißen Forscher:innenkittel und mit den Handpuppen Elli, dem Forschereichhörnchen und Hansi Hase, ziehen die Kleinen dann los auf ihre Entdeckungsreisen. 100 verschiedene physikalische, chemische, biologische und technische Versuche stehen für sie bereit – je nach Interesse und Zeitaufwand. „Versuche in Biologie sind eher langsamer, dafür leben sie oft, was viele Kinder sehr spannend finden. Bei Physik und Chemie geht es schneller, da gibt es viel zu Staunen. Aber auch die Effekte, die man mit unserem Elektrobaukasten und Roboter erzeugen kann, finden viele Kinder aufregend. Wir erwischen also jede und jeden entweder auf einer emotionalen oder analytischen Ebene“, sagt Josef.

In der Rolle von Forscher:innen oder Entdecker:innen dürfen die Kinder selbst ausprobieren und anderen erklären, welche Beobachtungen sie gemacht haben. Beispielsweise, wenn sie sich ein Insekt unter dem Mikroskop anschauen, oder herausfinden, warum ein Wasserläufer nicht untergeht. Ein wichtiger Eckpfeiler des Konzepts, auf das die Pädagog:innen der Spürnasenecke großen Wert legen: „Bei der Einschulung schauen wir besonders darauf, dass dieses Prinzip des Empowerments vom Kindergarten-Team verinnerlicht wird. Die Kinder sollten selbstständig eine Theorie aufstellen. Wenn sie richtig ist, schön, wenn nicht, dann ist das auch ein super Schritt! Es geht uns darum, dass Fehler nicht als etwas Schlechtes empfunden werden, sondern als Erkenntnis auf dem Weg zum Ziel“.

Der richtige Zeitpunkt für digitale Tools

Die Effekte, die eine eben solche positive Fehlerkultur hat, beobachtet Josef auch in seinem Job als Physiklehrer am BORG Straßwalchen. Die Schulsoftware Geogebra zum Beispiel, ermöglicht es Mathematik einfach auszuprobieren, um selbst herauszufinden, was funktionieren kann. Gleichzeitig sei wichtig, dass nicht konstant bewertet wird. „Das ermöglicht ein ehrliches Spüren der Mathematik, was wiederum zu einer starken Interessensentwicklung führen kann. Ich habe das bei meinen Schüler:innen gesehen, einige studieren jetzt sogar Chemie oder Physik“. Digitale Tools gibt es in der Spürnasenecke allerdings keine. Denn in diesem frühen Stadium des Lernens, steht das Erleben mit allen Sinnen im Fokus. „Man glaubt gar nicht, wie fasziniert ein kleines Kind minutenlang ein Insekt durch ein Mikroskop anschaut. Und ganz natürlich die eigene Konzentration übt.“

Ein guter Zeitpunkt für das Lernen mit digitalen Tools ist übrigens dann in der Volksschule. Dort sei aktuell die Nachfrage nach Projekten wie der Spürnasenecke auch enorm groß, um MINT-Fächer lückenlos vom Kindergarten bis zur Mittelschule abzudecken. „Dafür entwickeln wir gerade eine App“, verrät Josef. Derzeit noch in der Pilotphase, soll die „Spürnasenecke Primary“ dann bereits Anfang 2024 marktreif sein. Mit ihr sollen sich bald viele weitere junge Spürnasen auf Entdeckungstour machen, um Interessen zu entfalten und dabei vielleicht sogar die Wissenschafter:in in sich zu erwecken.

Kurzinterview:

Josef Eder, Foto: Privat

Gibt es ein zu jung bei frühkindlicher Bildung?

Lange Zeit dachten viele, auch ich, dass es ein zu jung gibt. Als wir die ersten Spürnasenecken in Kindergärten installierten sahen wir aber, dass auch Krabbelkinder von angeschlossenen Krabbelgruppen Interesse daran hatten. Wir bewegen uns also langsam weg vom Altersprinzip, weil es ganz von den Entwicklungsstadien der Kinder abhängt.

Sind die Effekte der Spürnasenecke an Schulen spürbar?

Wir haben schon oft gesehen, dass die Spürnasenecken von Volksschulen manchmal einfach mitbenutzt werden, wenn sich so ein Kindergarten im selben Gebäude befindet. Gerade im Sachunterricht macht das durchaus Sinn. Mit der Spürnasenecke Primary decken wir hoffentlich diesen Bedarf bald auf die Volksschule zugeschnitten ab. Was ja auch ein logischer Schritt wäre – mit dem gleichen Konzept – das positive Gefühle für die MINT-Fächer erzeugen, um weiter zu lernen.

Und zu guter Letzt: Warum kann jetzt ein Wasserläufer nicht untergehen?

Wegen der Oberflächenspannung des Wassers! Wenn man eine Schüssel randvoll mit Wasser füllt, dann kann man versuchen, ganz vorsichtig Büroklammern reinzuschieben. Die schwimmen dann tatsächlich auf dem Wasser. Warum? Weil die Kräfte zwischen den Wassermolekülen stark genug sind, sie festzuhalten.

Eve hat sich nach der Kommunikationsarbeit in der Salzburger Innovationsszene als Texterin in Wien selbstständig gemacht. Der Funke ist über die Distanz aber nicht erloschen: Nach wie vor schreibt sie am liebsten über innovative Unternehmer:innen und ihre spannenden Ideen. Dafür geht ihr im EdTech Bereich sicherlich nicht so schnell der Stoff aus.

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