Es braucht eine digitale Bildungsrevolution!
Beim Workshop „New Work Needs New Learning – wie gestalten wir die digitale Bildungsrevolution“ von EdTech Austria, dem ITG – Innovationsservice für Salzburg und dem Land Salzburg am Europäischen Forum Alpbach am Donnerstag, 26.8.2021, drehte sich alles um die digitale Bildung. Wir haben hochkarätige Expert:innen aus Wirtschaft, Politik, Forschung und Bildung eingeladen, um zu diskutieren, wie man digitale Technologien optimal in der Bildung einsetzen kann.
Bildungstechnologien können beim Lernen unterstützen. EdTech eignet sich aber nicht nur dafür, Inhalte besser aufzubereiten, sondern sie auch auf individuelle Bedürfnisse zuzuschneiden. „Mit digitalen Technologien können Lehrkräfte viel besser auf einzelne Schülerinnen und Schüler eingehen und den Unterricht an ihr Können anpassen“, erklärte Amelie Groß, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich.
Ein beeindruckendes Beispiel dafür gab Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung und ehemaliger Kultusminister von Hamburg. Eine Middle School in New York revolutionierte gemeinsam mit dem Startup “School of One” des New York City Department of Education den Mathematikunterricht. Nicht nur wurde der Unterricht mit Lernvideos und Simulationen digitalisiert, sondern auch ein individueller Lehrplan für den nächsten Tag für jede Schülerin und jeden Schüler erstellt, indem die Nutzungsdaten der digitalen Unterrichtsmaterialen ausgewertet wurden. Die Kinder dieser Schule, die zum großen Teil aus sozial prekären Verhältnissen stammten, haben um 50 Prozent schneller Mathematikinhalte als der amerikanische Durchschnitt gelernt.
Die Expert:innen zeigen aber auch auf, dass EdTech noch viel mehr kann. Sie vermitteln auch gleichzeitig „21st century skills“, also Fähigkeiten, die für die zukünftige Arbeitswelt immer mehr nachgefragt werden – wie Kreativität, Kollaboration und Problemlösungsdenken. „Wir müssen uns fragen, was Kinder lernen sollen und wie sie es lernen sollen“, sagte Märt Aro, Gründer des estnischen Startups DreamApply und des Nordic EdTech Forums. „Wenn wir unser heutiges Wissen über Bildung aus der Psychologie und aus den Neurowissenschaften verwenden, können wir das Lernen mit Technologien besser machen.“
Zuerst die Pädagogik, dann die Technologie
Wichtig bei der digitalen Bildungstransformation ist, dass die Menschen im Vordergrund stehen. Viele Lehrkräfte tun sich noch schwer im Umgang mit diesen Technologien. Diese muss man mittels Aus- und Weiterbildungsangeboten mit ins Boot holen. „Die digitale Transformation ist keine technische, sondern eine pädagogische“, fasste Jörg Dräger die Herausforderungen zusammen.
Bei Technologien zählen Erlebnisse und Erfahrungen. „Technologien müssen den Menschen ins Zentrum stellen. Digitale Prozesse müssen partizipativ gestaltet sein. Erleben und Erfahrung – das bringt den Lernerfolg“, erklärte Manfred Tscheligi, Leiter des Center for Human-Computer Interaction in Salzburg und Head of Center for Technology Experience am Austrian Institute for Technology. Erfahrungen müssen dabei nicht immer positiv sein, denn auch aus dem Scheitern lernt man.
Wie digitale Bildungstechnologien gestaltet werden können, zeigten die drei österreichischen Gründerinnen und Gründer von Audvice, GoStudent und Robo Wunderkind. GoStudent, ein digitales Nachhilfeportal, ist Europas erstes EdTech-Unicorn und bereits in über 20 Ländern weltweit tätig. Robo Wunderkind ermöglicht Kindern von 5-12 Jahren an Spielzeugrobotern Programmiersprachen spielerisch zu erlernen. Wie Weiterbildung in Unternehmen innovativ gestaltet sein kann, zeigt Audvice mit einer Audio-App, mit der Wissen im Unternehmen einfach aufgenommen und geteilt werden kann.
Die Gründer:innen legten beim Forum Alpbach aber auch die Finger in die Wunde und zeigten auf, dass viele Entwicklungen im EdTech-Bereich am Schul- und Hochschulmarkt vorbeigehen. Das gelte für Österreich, aber auch für den internationalen Markt. Der Schulbereich sei kein funktionierender Markt, Schulen könnten großteils nicht autonom über Unterrichtsmaterialien entscheiden. Deswegen seien viele EdTech-Unternehmen erfolgreicher, wenn sie sich nicht direkt an Schulen und Hochschulen richten. Außerdem würde in Österreich zu wenig in die Weiterbildung von Lehrkräften investiert werden. „In den USA haben wir die Erfahrung gemacht, dass viel mehr Geld für die Weiterbildung in die Hand genommen wird“, sagte Anna Iarotska, Gründerin von Robo Wunderkind.
Österreichs Maßnahmenpaket für die digitale Schule
Um die digitale Transformation in den Schulen auch nach der Pandemie voranzutreiben, setzt auch die österreichische Bundesregierung Maßnahmen. Margarete Schramböck, Ministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, stellte die drei Schritte vor, die derzeit umgesetzt werden. Dazu gehört der Ausbau der Infrastruktur, wie flächendeckendes WLAN in den Schulen, die Verteilung von mobilen Endgeräten sowie die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte hinsichtlich digitaler Tools.
Digitales Lernen geht jedoch über den Bereich der Schule hinaus – es betrifft auch die Hochschulen, die Unternehmen und die Erwachsenenbildung. Menschen müssen sich im 21. Jahrhundert, das von Schnelllebigkeit geprägt ist, ständig weiterbilden. Bildungstechnologien können ihnen dabei helfen. „Die Digitalisierung der Erwachsenenbildung ermöglicht eine interaktive und personalisierte Form des Lernens, das auf die Bedürfnisse und das Bildungsniveau jedes Einzelnen zugeschnitten ist. Die Salzburger Unternehmen reagieren darauf mit Optimismus und Tatendrang, gerade weil lebensbegleitendes Lernen in vielen Berufen vorausgesetzt wird. Die Bedürfnisse der Menschen stehen im Mittelpunkt, und neue Entwicklungen verbinden die digitalisierte Bildung sowohl mit persönlichem Kontakt als auch mit Spaß am Lernen“, so Andrea Klambauer, Landesrätin für Erwachsenenbildung in der Salzburger Landesregierung.
Von Salzburg ausgehend, arbeitet EdTech Austria an einer große Vision. „Wir wollen Österreich zum Hotspot für digitale Bildung und Salzburg zur Modellregion machen. Dafür bauen wir ein starkes Netzwerk mit den verschiedenen Stakeholdern auf und unterstützen bei der Entwicklung, Erprobung und Anwendungen von EdTech-Lösungen“, sagte unser Projektleiter Hannes Aichmayr. Salzburg ist bereits der zweitgrößte Standort für EdTech-Unternehmen in Österreich. „Salzburg verfügt über ein starkes Netzwerk aus Bildung, Forschung, Politik, Verwaltung und Wirtschaft und ist daher auf einem guten Weg, sich als EdTech-Hub zu positionieren“, sagte Daniela Gutschi, Landesrätin für Bildung in der Salzburger Landesregierung.
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